Die Ampel ist mit dem Ziel angetreten, die 2020er Jahre für einen Aufbruch in der Mobilitätspolitik zu nutzen. Dies habe sie bisher nur ansatzweise geschafft, meint die Bundesvorsitzende des VCD, Kerstin Haarmann. Zu groß seien die Widersprüche innerhalb der Koalition zu Fragen einer modernen und zukunftsfähigen Mobilität. „Auf der Habenseite steht die Einführung des Deutschlandtickets“, so Haarmann. „Doch das allein macht noch keine Verkehrswende. Das Ticket muss langfristig abgesichert und um ein Jugend- und Sozialticket ergänzt werden. Daneben braucht es unbedingt auch ein Deutschlandangebot, vor allem auf dem Land. Ohne Geld vom Bund und den Ländern bleiben viele Orte in Deutschland vom ÖPNV abgehängt.“
Verheerend fällt die Bilanz beim Klimaschutz aus. Das zweite Jahr in Folge steigen die Emissionen im Verkehr und überschreiten die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes. Doch statt Verkehrsminister Wissing in die Pflicht zu nehmen, streicht die Ampel die Sektorziele und entlässt den Minister aus der Verantwortung. Haarmann: „Entsprechend fällt auch Herrn Wissings Klimaschutz-Sofortprogramm aus – unambitioniert und ineffektiv. Statt etwa dafür zu sorgen, dass bis 2030 15 Millionen E-Autos auf die Straße kommen, hält er am Verbrenner fest und propagiert E-Fuels als Scheinlösung. So wird er seine Klimaziele weiterhin krachend verfehlen und drohen bei der EU-Lastenteilung Strafzahlungen in Milliardenhöhe.“
Haarmann lobt, dass der Bundeshaushalt im kommenden Jahr erstmals mehr Geld für die Schiene als die Straße vorsieht und die Ampel den Bahnausbau beschleunigen will. Auch eine langjährige Forderung des VCD sei nun erfüllt: Mit der reformierten Lkw-Maut fließt ein Großteil der Mehreinnahmen künftig in die Schiene; der Kreislauf „Straße finanziert Straße“ ist durchbrochen.
Dennoch will Haarmann sich nicht zu früh freuen: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts streicht 60 Mrd. Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds. Auch die Schiene ist in Milliardenhöhe betroffen. Die Ampel muss jetzt sicherstellen, dass die notwendigen Mittel trotzdem vorhanden sind – indem sie zum Beispiel auf Herrn Wissings ausufernde Autobahnausbauprojekte verzichtet.“
Mehr Geld wäre vorhanden, wenn die Regierung endlich – wie im Koalitionsvertrag versprochen – klimaschädliche Subventionen und Steuerprivilegien abbaute. „Allein im Verkehrsbereich entgehen dem Staat rund 30 Mrd. Euro jährlich“, kritisiert Haarmann. „Doch ein Ende des Dienstwagen- und Dieselprivilegs oder der Steuerfreiheit im Luftverkehr sind nicht in Sicht. Vor allem die FDP tritt auf die Bremse und verhindert den ökologischen Umbau der Verkehrsfinanzierung.“
Bei der Verkehrssicherheit verharrt die Ampel im Stand-By-Modus. Noch immer sterben knapp 3000 Menschen jährlich im Straßenverkehr, dennoch ist die effektivste Maßnahme, das Tempolimit, weiterhin tabu. „Für die FDP ist freie Fahrt fürs Auto nach wie vor wichtiger als der Schutz von Menschen“, so Haarmann. Entsprechend falle auch die Reform des Straßenverkehrsrechts ernüchternd aus. Kommunen erhalten zwar in einigen Bereichen mehr Spielraum, Besserungen für Rad- und Fußverkehr bleiben weiterhin aufwendig umzusetzen, und Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit bleibt ausgeschlossen. Gleichzeitig hat der Bund sein Förderprogramm für den Radverkehr nahezu halbiert. Haarmann: „So lässt sich das von Minister Wissing angekündigte Fahrradland Deutschland nicht erreichen. Der Ausbau eines sicheren Radwegenetzes bleibt auf der Strecke.“
Die Ampel müsse die kommenden zwei Jahre nutzen und den Verkehr endlich auf Klimaschutz ausrichten. Dafür müsse sie das Klimaschutzgesetz stärken, statt es zu verwässern, fordert Haarmann: „Die Regierung muss jetzt die E-Mobilität vorantreiben, Bus und Bahn ausbauen und den Radverkehr stärken. Klimaschädliche Subventionen müssen auf den Prüfstand; Tempolimits auf Autobahnen, Landstraßen und innerorts dürfen nicht länger tabu sein. Andernfalls sind alle hehren Ziele Makulatur.“
Die ausführliche Halbzeitbilanz des VCD finden Sie hier.