03.04.2023
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Schuldenreport 2023: Globale Schuldenkrise gefährdet Kampf gegen Armut und Klimawandel

Der am 30. März vorgestellte Schuldenreport 2023 zeigt: 136 von 152 untersuchten Staaten im Globalen Süden sind kritisch verschuldet, 40 von ihnen sehr kritisch. Prognosen zeigen, dass sich die Situation durch den Krieg in der Ukraine und die globale Zinswende weiter verschlechtern wird. erlassjahr.de und Misereor appellieren daher an die Bundesregierung, dringend notwendige Reformen auf den Weg zu bringen.

"Finanzielle Mittel, die in den Schuldendienst fließen, stehen nicht zur Verfügung, um die immer weiter wachsende Armut, die Klimakrise und den fortschreitenden Hunger zu bekämpfen." Das sei das Drama, das sich in Ländern abspiele, die in der Schuldenfalle stecken, mahnen Vertreter*innen von Misereor und erlassjahr.de angesichts der weiterhin dramatischen Schuldenkrise in Ländern des Globalen Südens. 90 Prozent der extrem armen Menschen weltweit leben in kritisch oder sehr kritisch verschuldeten Ländern. Doch in laufenden Schuldenrestrukturierungen wie jüngst in Sambia und Sri Lanka verhindern wechselseitige Blockaden der Gläubiger rasche und hinreichende Lösungen – zu Lasten der Menschen in den betroffenen Ländern.

Verschuldung nach Corona weiter angespannt

"64 Prozent der Länder im Globalen Süden sind kritisch oder sehr kritisch verschuldet, im Vergleich zu 37 Prozent vor Ausbruch der Corona-Pandemie", erläutert Kristina Rehbein, Politische Koordinatorin des deutschen Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de die Ergebnisse des aktuellen Schuldenreports. "Die Frage nach dem Ausweg aus der Verschuldungsspirale stellt sich 2023 daher dringender denn je. Die fällig werdenden Schuldendienstzahlungen an ausländische Gläubiger befinden sich auf dem höchsten Stand seit Ende der 1990er Jahre – und der Druck wird weiter steigen." Besonders betroffen sind sehr kritisch verschuldete Staaten. "In drei Vierteln dieser Länder übersteigen die Schuldendienstverpflichtungen die Gesundheitsausgaben", so Rehbein weiter. 

Schuldenkrisen behindern Kampf gegen den Klimawandel

"Krisenverschärfend wirkt, dass viele kritisch verschuldete Länder trotz ihrer desolaten Lage davor zurückscheuen, Umschuldungen frühzeitig in Angriff zu nehmen – auch aus Angst vor negativen Reaktionen der Gläubiger," beschreibt Klaus Schilder, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor, die Situation. "Ein Beispiel dafür ist Pakistan, das nicht nur sehr kritisch verschuldet ist, sondern auch zu den Ländern gehört, die am stärksten unter den Folgen der Klimakrise leiden." Im August 2022 erlebte Pakistan die schwerste Flutkatastrophe seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Trotzdem versucht das Land unter allen Umständen, eine Umschuldung zu vermeiden. "Auch nach der Flutkatastrophe hat Pakistan pünktlich seinen Schuldendienst bedient, trotz der gigantischen Schäden. Wie soll das Land so Mittel für den Wiederaufbau mobilisieren?", so Schilder weiter. Pakistan sei kein Einzelfall. Mitte März etwa hat ein Zyklon schwere Zerstörungen im südlichen Afrika angerichtet, betroffen sind unter anderem das kritisch verschuldete Madagaskar und das bereits jetzt zahlungsunfähige Malawi.

Fatales Zögern – warum G7 und die Bundesregierung jetzt handeln müssen

Auch Blockaden zwischen Gläubigern wie China und dem Pariser Club führen zum Stillstand. Dabei sei jedes weitere Zögern angesichts der wachsenden Herausforderungen fatal: "Statt allein China gegenüber Taten anzumahnen, sollten sich die G7-Länder auf Reformschritte konzentrieren, die sie selbst auf den Weg bringen können," erklären Rehbein und Schilder. Denn ein großer Teil der Forderungen gegenüber Niedrig- und Mitteleinkommensländern werde von privaten und multilateralen Gläubigern gehalten – und diese unterlägen überwiegend der politischen Verantwortlichkeit der G7- und EU-Staaten. Die Hauptverantwortung dafür, dass Schuldenerlasse rasch und in ausreichender Höhe gewährt werden, liege damit auch bei Staaten wie Deutschland. 

"Die Bundesregierung muss jetzt ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllen und sich für einen neuen Schuldenmanagementkonsens einsetzen", so Rehbein und Schilder weiter. "Automatische Moratorien für klimaverwundbare Staaten, Anti-Holdout-Gesetze, unabhängige Schuldentragfähigkeitsanalysen oder der Aufbau eines transparenten Schuldenregisters: Diese und andere Vorschläge liegen auf dem Tisch." 

Hintergrund:
Der Schuldenreport, der jährlich vom deutschen Entschuldungsbündnis erlassjahr.de und Misereor herausgegeben wird, analysiert jeweils aktuell die Verschuldungssituation von Ländern im Globalen Süden sowie die Rolle Deutschlands in der internationalen Entschuldungspolitik.

Schuldenreport 2023 zum Download: www.erlassjahr.de/produkt/schuldenreport-2023/ 

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Kathrin Schroeder

Abteilung Politik und Globale Zufkunftsfragen

Misereor

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