29.03.2023
News von Mitgliedern

Scharfe Kritik an Koalitionsausschuss-Ergebnissen

Die Ampelkoalition hat sich nach mehrtägigen Verhandlungen auf ein Maßnahmenpaket zu Klimaschutz und Infrastruktur geeinigt. Mitglieder der Klima-Allianz Deutschland üben scharfe Kritik an den Ergebnissen des Koalitionsausschusses, insbesondere an der geplanten Aufweichung des Klimaschutzgesetzes.

Ampel in der Nacht (Symbolbild)

Der WWF sieht in den Ergebnissen des Koalitionsausschusses einen „Frontal-Angriff auf das Klimaschutzgesetz.“ Christoph Heinrich, geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland, kommentiert: „Mit den nun erreichten Ergebnissen unter Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz, der im Wahlkampf als ‚Klimakanzler‘ firmierte, hat die Bundesregierung ihren Fortschrittsanspruch aufgegeben. Die vorgesehene Schwächung der Sektorziele und -reduktionsverantwortung im Klimaschutzgesetz ist absolut inakzeptabel. (…) Mit den jetzt gefassten Beschlüssen fallen wir insbesondere beim Klimaschutzgesetz deutlich hinter die große Koalition zurück.“

Die Deutsche Umwelthilfe fordert den Bundestag auf, dieses Desaster zu verhindern. Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer, kommentiert: „Diese Anti-Klimaschutz-Koalition legt allen Ernstes Hand an das Bundesklimaschutzgesetz. Damit versündigt sie sich an allen künftigen Generationen. (…) Im Verkehrsbereich sind die Horror-Nachrichten kaum zählbar, unter anderem sage und schreibe 144 beschleunigte Autobahn-Bauvorhaben und die geplante faktische Gleichstellung von Verbrenner-Pkws mit Elektrofahrzeugen. Gleichzeitig gibt es trotz des Versagens von Minister Wissing erneut keine sofort wirksamen Klimaschutzmaßnahmen wie das Tempolimit oder den Abbau von klimaschädlichen Subventionen.“

„Problematisch ist vor allem die Verwässerung des Klimaschutzgesetzes. Die beabsichtigten Neuregelungen vergrößern das Risiko, dass wir unsere Klimaziele insbesondere im Verkehrssektor massiv verfehlen und dies über Jahre vertuschen. Der geplante beschleunigte Ausbau von Autobahnen passt nicht zu der Tatsache, dass im Verkehr schon jetzt die Kluft zwischen Klimaziel und Emissionen am größten ist. Beschlüsse, die die Emissionen wirklich senken könnten - wie die Umgestaltung des Dienstwagenprivilegs oder eine Bonus-Malus-Regelung bei der Kfz-Steuer - fehlen völlig“, kritisiert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Der ökologische Verkehrsclub (VCD) empfindet die Ergebnisse des Koalitionsausschusses als „Schlag ins Gesicht“. Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD, kommentiert: „Statt die Herausforderungen des Klimawandels zügig anzugehen und vor allem das Sorgenkind Verkehr endlich auf Kurs zu setzen, will die Koalition die verbindlichen Sektorziele streichen. Künftig werden alle anderen Sektoren in Haftung genommen und müssen zusätzlich Emissionen verringern, damit auf den Straßen weiterhin die Verbrenner ohne Tempolimit rasen dürfen. Damit wird jeglicher Druck von Verkehrsminister Wissing genommen, selber ambitionierte Maßnahmen umzusetzen. Mehr noch: Wissing kann weiter munter Autobahnen bauen und mit dem Segen des Koalitionsausschusses dabei auch Umweltbelange hintanstellen. Die Bahn soll zwar ebenfalls beschleunigt werden, doch dies wird nicht ausreichen, um die Verlagerungsziele für Personen- und Güterverkehr zu erreichen. Generell ist fraglich, wie angesichts der fehlenden Planungs- und Genehmigungskapazitäten die ganzen Infrastrukturvorhaben beschleunigt werden sollen. Man kann nicht alles gleichzeitig vorantreiben. Die Priorisierung der Bahnausbauvorhaben ist notwendig!“

Auf die geplanten Änderungen im Gebäude-Bereich geht Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin, ein: „Die Bundesregierung droht auch noch das geplante Gebäudeenergiegesetz wie schon das Verbrenner-Aus heute zu konterkarieren. Was die E-Fuels für die Verbrenner sind, das ist Wasserstoff für die Heizungen. Laut den Ausführungen von Minister Lindner werden sogar Verbrenner-Heizungen erlaubt oder gar gefördert, die mit blauem Wasserstoff betrieben werden. Das ist Wasserstoff, der aus fossilen Energien hergestellt wird – und damit noch dreckiger, da durch den Umwandlungsprozess noch ineffizienter. Das ist die Förderung der Klimazerstörung.“

Bezahlbares Wohnen und Klimaschutz müssen gemeinsam adressiert werden. Die entscheidende Frage wird daher sein, wie den sozialen Aspekten Rechnung getragen wird, vor allem für die im Koalitionsbeschluss ausdrücklich erwähnten Mieterinnen und Mieter“, kommentiert die Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes (DMB), Dr. Melanie Weber-Moritz. Der Deutsche Mieterbund unterstützt das Ziel, 65 Prozent erneuerbare Energien beim Einbau von neuen Heizungen ab 2024 gesetzlich festzulegen und Mindesteffizienzstandards für die schlechtesten Gebäude einzuführen, wenn gleichzeitig die Sozialverträglichkeit gesetzlich verbindlich für alle Mieterinnen und Mieter sichergestellt wird. Daher ist es aus Sicht des Deutschen Mieterbundes von zentraler Bedeutung, die klimapolitischen Maßnahmen durch ausreichende soziale Rahmensetzungen zu flankieren, insbesondere im Mietrecht und bei der Förderung.

Einen Lichtblick sieht Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Positiv ist der beschleunigte Ausbau der Windenergie und von Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff. Auch Kommunen können beim Aufbau der Windenergie zukünftig über regionale Vorgaben hinausgehen und Klimavorreiter werden. Eingriffe in den Naturschutz müssen auch zukünftig durch renaturierte Flächen ausgeglichen werden und nicht dadurch, dass sich die Betreiber von Windkraftanlagen einfach freikaufen dürfen. Hier muss die Bundesumweltministerin dringend nachbessern.“

Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), schaut nach vorne: „Die Bundesregierung muss jetzt so schnell wie möglich konkrete Umsetzungsvorschläge für die einzelnen Maßnahmen vorlegen, um den geplanten schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien voranzubringen. Kompromisse bei den Ambitionen darf es nicht geben, weder bei den Sektorenzielen noch beim Heizungsaustausch. Hier ist die Ausgestaltung wichtig.“

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Julia Riley-Dittmann

Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Klima-Allianz Deutschland

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