09.2023
Publikationen

Kurzstudie: Klima-Governance im Bundes-Klimaschutzgesetz – Zur Schaffung von Verbindlichkeit und Durchsetzung nationaler Klimaschutzvorgaben

Die Studie des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V. (IKEM) widmet sich der Klima-Governance im Bundes-Klimaschutzgesetz. Untersucht wird die Einführung von Nachsteuerungsinstrumenten zur Stärkung der Effektivität und Verbindlichkeit der Klima-Governance und damit letztlich der gesetzlich verbindlichen Klimaschutzziele. Dabei wird die angekündigte Novelle des Gesetzes, und folglich die voraussichtliche Abkehr vom System der Sofortprogramme und sektoren-scharfer Klimaschutzziele, berücksichtigt.

Mit der Verabschiedung des Bundes-Klimaschutzgesetzes am 15. November 2019 hat der Gesetzgeber die bislang lediglich als politische Ziele eingestuften nationalen Klimaschutzziele in Gesetzesform gebracht. Mit dem Gesetz wurde eine Klima-Governance etabliert, die vorsieht, dass die Emissionsdaten jährlich vom Expertenrat für Klimafragen überprüft und mit den Klimazielen abgeglichen werden. Bei einer Überschreitung der Klimaziele ist die Bundesregierung verpflichtet, Sofortprogramme zu erlassen, die die Einhaltung der Jahresemissionsmengen in den folgenden Jahren sicherstellt.

Aufgrund anhaltender Verfehlungen der gesetzlichen Vorgaben war das Bundes-Klimaschutzgesetz seit Inkrafttreten Gegenstand politischer und juristischer Streitigkeiten. Die Klima-Governance steht in Kritik, da sie wiederholte Gesetzesverstöße, etwa durch das Säumnis gesetzlich verbindlicher Fristen für Sofortprogramme, nicht unterbinden konnte. Mit dem Koalitionsbeschluss vom 28. März 2023 legte die Bundesregierung Vorschläge zur Novellierung des Bundes-Klimaschutzgesetzes vor. Die zwischenzeitlich als Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vorliegende Novelle zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes führt zu wesentlichen Änderungen der Klima-Governance. Durch den Wegfall der Sektorenziele und Sofortprogramme droht ein Aufweichen der Kontrollinstrumente und ein Verlust der klaren Zuweisung von Verantwortung innerhalb der Bundesregierung für die Erarbeitung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen.

Vor diesem Hintergrund wurde in dieser Studie die Klima-Governance, d.h. die Mechanismen zur Überwachung und Einhaltung der nationalen Klimaschutzziele nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz unter Beachtung der Vorschläge zur Novellierung des Rahmengesetzes überprüft. Es wurden Mechanismen und Maßnahmen identifiziert und entwickelt, die zur Stärkung der Verbindlichkeit der nationalen Klimaschutzziele beitragen sollen. So soll im Falle unzureichender, d.h. hier sowohl ausbleibender, verspäteter, als auch inhaltlich nicht hinreichender Klimaschutzprogramme eine sachgerechte Einhaltung der nationalen Klimaschutzziele gewährleistet und eine effektive Nachsteuerung im Bundes-Klimaschutzgesetz gesichert werden. Ziel war es, Maßnahmen zu entwickeln, die zum einen die Wahrung der Klimaschutzziele sichern, also die rechtzeitige Einleitung der Transformation hin zur Klimaneutralität und damit die Einhaltung des Transformationspfades gewährleisten. Zum anderen sollen die entwickelten und untersuchten Mechanismen bestmöglich eine Verhaltensänderung im Sinne einer „Gesetzestreue“ seitens der betrof-
fenen Bundesministerien und der Bundesregierung bewirken.

Kern dieser Kurzstudie war die Überprüfung der rechtlichen Zulässigkeit und Machbarkeit der hier entwickelten und bereits in der politischen Debatte vorgetragenen Maßnahmen anhand von höherrangigem Recht. In der Untersuchung konnte ein Katalog von Maßnahmen identifiziert und entwickelt werden, der zur Stärkung der Verbindlichkeit im Rahmen des Bundes-Klimaschutzgesetzes und zur verbesserten Nachsteuerung bzw. Kontrolle dieser beitragen kann: Dies umfasst Vorschriften, die im Wesentlichen auf verfassungsrechtlich determinierten Kompetenzen beruhen und bereits bestehende Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse hervorheben. Im Maßnahmenkatalog sind aber auch die Einführung neuer Maßnahmen und die Stärkung bestehender Akteur*innen in der Klima-Governance vorgesehen. Zu den Maßnahmen zählen im Wesentlichen die Stärkung der Rolle des Bundeskanzlers, die Stärkung des Expertenrates für Klimafragen, die Einführung von Gutachten- bzw. Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht sowie die Einführung einer Klima-Zielverfehlungsverordnung. Zu nennen sind ferner die Schaffung einer automatischen CO2-Preiserhöhung bei Zielverfehlung und Pflichtverletzung, die Klarstellung zur Klimazielverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Berücksichtigungsgebots sowie die Einführung von Entwurfskompetenzen eines Bundesministeriums bzw. des Bundeskanzleramts.

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Julia Schade

Referentin Nationale Klimapolitik
Klima-Allianz Deutschland e.V.

030/780 899 520
julia.schade@klima-allianz.de