Guter Start für die Klimaaußenpolitik

Bei einer Delegationsreise nach Indonesien, Palau und Japan machte Außenministerin Annalena Baerbock klimabedingte Schäden und Verluste zum Thema und setzte damit ein wichtiges Signal in Richtung COP27. Die Klima-Allianz Deutschland begleitete Baerbock auf der Reise.

Bailechesau, 9. Juli 2022. Ngirangas Biallany Thomas lebt in der Republik Palau, einem Inselstaat im Pazifik. Beim Besuch der Außenministerin Annalena Baerbock zeigt der Fischer, wie stark sein Haus von der Klimakrise bedroht ist. Der Sand unter seinem Haus bröckelt buchstäblich ins Meer weg. Durch den steigenden Meeresspiegel und zunehmende Sturmfluten wird es in zehn Jahren wohl untergegangen sein. Die Maniokfelder der Insel werden versalzen sein. „Es ist erschütternd, das mit eigenen Augen zu sehen und jemandem zu begegnen, der jetzt schon so von der Klimakrise betroffen ist“, sagt Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführende Vorständin der Klima-Allianz Deutschland. Sie hat die Außenministerin als eine von fünf NRO-Vertreter*innen auf der Reise begleitet.

„Die Zeit läuft uns wirklich davon. Es ist eine Bedrohung, vor der Sie in Palau und auf dem sogenannten blauen Kontinent angesichts der Klimakrise ganz konkret stehen“, sagte Baerbock in einer Rede an die Einwohner*innen Palaus gerichtet. Mehrfach bekennt sie sich in der Rede zum 1,5 Grad-Limit und zur Verantwortung der Industrienationen, die eigenen Emissionen drastisch zu reduzieren. Und sie kündigt an, die klimabedingten Verluste und Schäden zum Kern ihrer Arbeit zu machen: „Deshalb müssen wir als Industrieländer endlich unserer Zusage von 100 Milliarden US-Dollar an Klimafinanzierung für Entwicklungsländer und Länder wie Ihres, die am schwersten von der Klimakrise betroffen sind, nachkommen.“ Baerbock machte Palau zudem ein Angebot zur Zusammenarbeit: „Wir würden Sie gern dabei unterstützen, zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umzustellen.“ Bisher laufen dort noch viele Dieselgeneratoren. „Es ist wichtig, dass Annalena Baerbock diesen Impuls gesetzt und Zusagen zur Energiewende gemacht hat“, sagt dazu Dr. Christiane Averbeck. „Der Rede müssen nun aber auch Taten folgen.“

„Dass sich eine große westliche Regierung so klar zu Loss and Damage bekennt, ist ein echter Durchbruch“, sagt Christoph Bals, Sprecher der Klima-Allianz Deutschland und Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, nach Baerbocks Rede zur taz. „Jetzt erwarten wir aber auch entsprechende Taten.“ Es ist das erste Mal, dass eine Vertreterin einer Industrienation sich so deutlich zu klimabedingten Schäden und Verlusten geäußert hat. Die Klima-Allianz Deutschland wertet dies als wichtiges Signal mit Blick auf die COP27, die im November in Ägypten stattfindet. Der Petersberger Klimadialog hat unterdessen nicht die erhoffte Ankündigung zur Erhöhung der Klimafinanzierung gebracht. Bundeskanzler Scholz wiederholte nur die bereits von seiner Vorgängerin Merkel zugesagten 6 Milliarden Euro, die bisher nicht einmal mit Haushaltsmitteln hinterlegt sind.

Die Delegationsreise führte auch nach Bali, wo im November der G20-Gipfel stattfinden wird. Beim Treffen mit Vertreter*innen der indonesischen Regierung und NGOs wurde deutlich: Die indonesische Zivilgesellschaft hat wenig Verständnis dafür, dass Deutschland jetzt Steinkohle aus Indonesien ordern will, um Importe aus Russland zu ersetzen. Nach den Beschlüssen zum Kohleausstieg wird dies als widersprüchliches Signal wahrgenommen. „Die Bundesregierung muss klar kommunizieren, dass die Rückkehr zur Steinkohle nur vorübergehend ist und der Kohleausstieg bis 2030 abgeschlossen sein wird“, fordert Dr. Christiane Averbeck. Zudem sei dringend auf die Einhaltung von Menschenrechten zu achten.

Große Fragezeichen haben die Vertreter*innen der Regierungen und Zivilgesellschaft aus Indonesien und Japan zum „Klimaclub“ geäußert. Bundeskanzler Scholz hatte beim G7-Gipfel in Elmau angekündigt, die Industrienationen damit zu Vorreitern beim Klimaschutz machen zu wollen. Wie genau das passieren soll, blieb aber unklar.

Bei einem Treffen in Tokyo wurde durch die anwesenden Vertreterinnen von japanischen NROs deutlich, wie wichtig feministische Klimaaußenpolitik werden kann. Es sind nämlich insbesondere NRO-Vertreterinnen, die die Arbeit zur Klima- und Energiepolitik mit voller Kraft in Japan vorantreiben, obwohl die Klimabewegung in Japan bisher wenig Rückhalt hat. „Umso wichtiger ist, dass wir japanischen Regierungsvertretern bei Treffen zeigen konnten, welche Rolle Zivilgesellschaft in Deutschland spielt und wie wichtig die internationale Klimapolitik als Treiber für eine ambitionierte Klimapolitik ist“, sagt Averbeck. Sie erhofft sich davon Schwung für die Energiewende in Japan.

„Annalena Baerbock hat die Klimaaußenpolitik mit dieser Reise als Thema gesetzt. Das war ein guter Start“, findet Averbeck. Nun bleibe abzuwarten, ob den Worten auch Taten folgen und wie die Strategie der Bundesregierung für eine kohärente Klimaaußenpolitik aussehen werde. „Dabei ist die ganze Bundesregierung gefordert!“, sagt sie. Nicht nur die Außenministerin.

Dr. Christiane Averbeck

Geschäftsführende Vorständin
Klima-Allianz Deutschland e.V.

030/780 899 510
christiane.averbeck@klima-allianz.de