Nach altem Klimaschutzgesetz hätten der Verkehrs- und Gebäudesektor bis zum 15. Juli Maßnahmenpakete vorlegen müssen, weil sie ihr Emissionsbudget im vergangenen Jahr überschritten haben. Doch nun gilt das neue Gesetz und diese Pflicht entfällt. Stattdessen bedarf es nur noch übergeordneter Sofortprogramme der gesamten Regierung – und das auch erst, wenn Ziele zwei Jahre in Folge verfehlt werden. Zudem wurden mit der Novelle Verantwortlichkeiten verwässert und Pflichten zur Nachsteuerung haben nun zu lange Fristen.
Der WWF warnt, das neue Klimaschutzgesetz erhöhte deshalb das Risiko, dass wichtige Klimaschutzmaßnahmen weiter auf die lange Bank geschoben werden und die Bundesregierung Strafzahlungen leisten müsse. Dazu sagt Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland: „Der Verkehrs- und Gebäudesektor sind Großbaustellen für den klimafreundlichen Umbau Deutschlands und täten mehr als gut daran, endlich mit den passenden Maßnahmen einzulenken. Auch mit der Novelle des Klimaschutzgesetzes gilt am Ende die einfache Rechnung: Tun Gebäude- und Verkehrssektor weiterhin zu wenig, werden das andere Sektoren langfristig nicht ausgleichen können. Neben den Folgen fürs Klima drohen dann Strafzahlungen an die EU. Weitere Prokrastination ist für alle letztlich die teuerste Option.“
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigt an, dies nicht hinnehmen zu wollen und wirksamen Klimaschutz vor dem Bundesverfassungsgericht durchzusetzen. Dazu DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Bis zur allerletzten Sekunde hat der Bundespräsident seine Unterschrift für das entkernte Klimaschutzgesetz hinausgezögert. An dem Tag, an dem neue Klimaschutz-Sofortprogramme für die Sektoren Verkehr und Gebäude fällig gewesen wären, hilft der Bundespräsident nun der Regierung dabei, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Er spielt dabei den willigen Erfüllungsgehilfen von Verkehrsminister Wissing, der einen Freifahrtschein für die Klimaschutzlücke von 180 Millionen Tonnen im Verkehrsbereich erhalten soll. Auch seine Kolleginnen und Kollegen wollen sich zurücklehnen, denn sie müssen laut neuem Gesetz in dieser Legislatur keine einzige weitere Klimaschutzmaßnahme auf den Weg bringen. Wir werden diese verfassungswidrige Politik nicht hinnehmen, sondern wirksamen Klimaschutz gemeinsam mit elf jungen Menschen vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen – wie schon damals beim historischen Klimaurteil 2021. Unsere 200 Seiten Klageschrift sind fertig und werden eingereicht, sobald das Gesetz in Kraft tritt.“