Für Tim Zahn, Experte für gerechte Lieferketten bei Oxfam, kommt die Enthaltung einer Ablehnung gleich: „Mit der Enthaltung stellt die Bundesregierung Profitinteressen über den Schutz von Menschenrechten. Ein Hohn für die Millionen von Arbeiter*innen weltweit, die von der Richtlinie profitieren würden.“
Oxfam fordert Bundeskanzler Olaf Scholz auf, von seiner Richtlinienkompetenz als Kanzler Gebrauch zu machen: „Der Einsatz für gute Arbeitsbedingungen weltweit würde einem SPD-Kanzler besser zu Gesicht stehen als das Einknicken vor Profitinteressen. Wenn diese Chance verpasst wird, wird der Schutz von Menschenrechten um Jahre zurückgeworfen“, so Zahn.
Finn Schufft, Referent für Unternehmensverantwortung bei Germanwatch, kritisiert die Blockade der FDP. Die Öffentlichkeit in Deutschland und Europa sei nicht bereit, Ausbeutung und Umweltzerstörung durch europäische Unternehmen weiter zu tolerieren. Auch große Teile der deutschen Wirtschaft forderten gleiche europäische Wettbewerbsbedingungen. Eine gescheiterte Lieferkettenrichtlinie würde dem Image der Regierung schaden, so Germanwatch. „Die Frage ist: Möchte die Ampel als die Regierung in Erinnerung bleiben, die dieses zentrale Menschenrechtsprojekt verhindert hat?“
Auch Germanwatch sieht den Handlungsbedarf nun beim Bundeskanzler: „Es ist jetzt an Bundeskanzler Scholz, den immensen europapolitischen Schaden aufzuräumen, den der kleinste Koalitionspartner in den vergangenen Wochen angerichtet hat“, so Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros von Germanwatch. „Wenn die belgische Ratspräsidentschaft nun mit einem weiteren Angebot auf Deutschland zukommt, muss die Bundesregierung endlich ihre Blockadehaltung aufgeben.“