Der WWF fordert ein wirksames und sozial gerechtes Klimaschutzprogramm. Allein mit den im Koalitionsvertrag skizzierten Maßnahmen können die Klimaziele nicht erreicht werden: „Das Kabinett Merz hat bislang keine Pläne präsentiert, wie es unsere Lebensgrundlagen schützen will – eher das Gegenteil: Statt Fossile endlich dort zu lassen, wo sie hingehören, nämlich in der Erde, sollen sie auch hierzulande weiter gefördert werden“, kritisiert Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland. Weiter bemängelt Raddatz, dass Maßnahmen zum Schutz für das Klima, wie etwa das Heizungsgesetz, zurückgenommen werden sollen.
Der WWF fordert insbesondere, das Sondervermögen im Sinne der Klimaneutralität bis 2045 einzusetzen und weitere Mittel für die nachhaltige Transformation Deutschlands auf den Weg zu bringen. Der WWF wird hierzu am kommenden Dienstag eine Analyse der renommierten Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen veröffentlichen.
Auch Michael Schäfer, Geschäftsführer von GermanZero, sieht das Sondervermögen als Möglichkeit, um die Klimaziele zu erreichen: „Es ist ein Glücksfall, dass Klimaschutzminister Carsten Schneider das Gutachten des Expertenrats mit dem Blick eines erfahrenen Haushaltspolitikers lesen wird. Denn um die Klimaziele 2030 und 2040 zu erreichen, muss die Bundesregierung die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur/Klimaneutralität jetzt voll auf die wirksamsten Klimaschutzinvestitionen konzentrieren. Carsten Schneiders 100-Tage-Bilanz wird zeigen, wie viele Milliarden er im Kabinettsentwurf für Haushalt und Sondervermögen für sinnvolle Klimaschutz-Maßnahmen mobilisieren kann. Das Gutachten des Expertenrates liefert ihm sehr klare Empfehlungen."
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht im veröffentlichten Prüfbericht des Expertenrats für Klimafragen zu den Emissions-Projektionsdaten 2025 eine dringende Warnung. Oldag Caspar, Leiter des Bereichs Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch, kommentiert: „Das ist ein klimapolitischer Weckruf der Wissenschaft an die neue Bundesregierung. Sie muss das Erreichen der Klimaziele jetzt weit oben auf ihre Agenda setzen. Es ist bisher nicht gesichert, dass Deutschland sein Emissionsreduktionsziel von 65 Prozent in 2030 erreicht und für 2040 sind wir noch nicht einmal auf Kurs zum Klimaziel von minus 88 Prozent. Diese Bundesregierung muss entscheiden, ob sie sehenden Auges hohe EU-Strafzahlungen riskiert und einen CO2-Preis, der durch die Decke geht, oder jetzt handelt. Neben Bundeskanzler Merz und Klimaminister Schneider sind nun vor allem die Ressorts für Verkehr und Wohnen gefordert.“
BEE-Präsidentin Dr. Simone Peter sieht den Bericht des Expertenrats als Signal an die neue Bundesregierung: „Die neue Regierung stellt jetzt die Weichen für ihre Energie- und Klimapolitik, die diese Prognosen ernst nehmen und dabei Klimaschutz als Innovations- und Konjunkturbooster für Technologien ‚made in Germany‘ nutzen sollte.“ Außerdem sieht Peter die Transformation des Energie- und Mobilitätssektors als Chance: „Die gute Nachricht ist: Wärme- und Mobilitätswende hin zu heimischen Erneuerbaren Energien, e-Autos und Wärmepumpen machen uns nicht nur unabhängiger von teuren Energieimporten, sondern kurbeln auch Wachstum und Beschäftigung bei Herstellung, Planung, Bau und Betrieb von sauberen Wärme-Anlagen in Gebäuden und Netzen sowie Fahrzeugen an.“ Dafür setze ein Instrumentenmix aus Ordnungsrecht, Förderung und Marktanreizen wie dem CO2-Preis den richtigen Rahmen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert das sektorübergreifende Emissionsbudgets als irreführend und verfassungswidrig. Die sektorübergreifende Betrachtung bis 2030 verschleiert den massiven Fehlkurs im Verkehrs- und Gebäudebereich. Die Umwelthilfe fordert eine sofortige Einführung eines Tempolimits, Sanierungsoffensive und Abbau klimaschädlicher Subventionen. Dazu sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Das Gutachten des Expertenrats zeigt schwarz auf weiß: Wir werden alle relevanten Klimaziele krachend verfehlen. Dass die Bundesregierung sich die Erreichung eines sektorübergreifenden Emissionsbudgets für einen Zehn-Jahres-Zeitraum auf die Fahne schreibt, ist blanker Hohn. Diese fadenscheinige neue Rechnung ist eine verfassungswidrige Nebelkerze und wurde letztes Jahr einzig deswegen ins Klimaschutzgesetz geschrieben, um die massive Zielverfehlung in einzelnen Sektoren zu verschleiern. Wir gehen davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht unserer Verfassungsbeschwerde gegen das entkernte Klimaschutzgesetz noch in diesem Jahr recht geben wird. Die Bundesregierung sollte jetzt umgehend zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen beschließen. Ein Tempolimit von 100 auf Autobahnen, 80 außerorts und 30 innerorts sowie der Abbau klimaschädlicher Subventionen sind längst überfällig! Mit unseren Klimaklagen werden wir die Bundesregierung zur Not dazu zwingen.“
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH, kritisiert die nur langsam vorangehende Wärmewende: „Statt der Abschaffung des Heizungsgesetzes muss sich die Bundesregierung jetzt auf den viel zu hohen Energieverbrauch im Gebäudesektor konzentrieren, alles andere wäre mit den Klimazielen und der Energiewende nicht vereinbar. Wir brauchen schnellstmöglich eine richtungsweisende Gebäuderenovierungsstrategie, zu der Deutschland ohnehin seitens der EU bis Jahresende verpflichtet ist. Wir brauchen einen Sanierungsneustart mit klaren Leitplanken und stabilen staatlichen Investitionen, mit denen die Handwerks,- Bau- und Immobilienbranche langfristig planen kann. Keinesfalls darf die neue Bundesregierung die Fehler der Ampel-Regierung wiederholen und am aktuellen Neubau-Wahn festhalten. Der Schlüssel zu effektivem Klimaschutz ist der Gebäudebestand.“