#09 Berliner Klimagespräch: Klimaschutz per Gesetz

Das 9. Berliner Klimagespräch zur Frage der gesetzlichen Verankerung des nationalen Klimaschutzes fand am 20. März, dem Tag der Einsetzung eines Klimakabinetts durch die Bundesregierung, statt. Die Aktualität des Themas sorgte für einen vollen Saal im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Berlin-Mitte. Über 120 Bürger*innen, Abgeordnete und Vertreter*innen verschiedenster Verbände nahmen teil.

Nach der Begrüßung durch Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland führte Nadine Lindner vom Deutschlandradio mit guten Fragen durch die Veranstaltung.
Das #09 Berliner Klimagespräch startete mit einem Input zum Stand des Klimaschutzgesetzes durch Dr. Jan Scharlau, Referent im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Der von Svenja Schulze vor einem Monat an das Kanzleramt übersandte Referentenentwurf des Bundes-Klimaschutzgesetzes wurde beim Klimagespräch erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Jan Scharlau erläuterte, was ein Klimaschutzgesetz leisten muss und wie der Referentenentwurf aufgebaut ist. Dazu ging er auf Jahresbudgets und Sektorziele ein, sowie auf die Berichterstattung, die Deutschland auch gegenüber der Europäischen Union leisten muss. Der Mechanismus, Sofortprogramme bei drohender Verfehlung der Treibhausgasminderung innerhalb eines halben Jahres aufzustellen und die Vorbildfunktion des Bundes, wurden erläutert.

Für die sich anschließende Podiumsdiskussion waren aus den Regierungsparteien die Bundestags-abgeordneten Dr. Anja Weisgerber aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Klaus Mindrup aus der SPD-Fraktion eingeladen – beide sind für Klimaschutz zuständig. Im Koalitionsvertrag ist eine gesetzliche Regelung des Klimaschutzes für 2019 vereinbart. Die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen, um die nationalen Klimaziele wenigstens 2030 zu erreichen, wurde entsprechend von beiden Fraktionsmitgliedern betont.

SPD Politiker Klaus Mindrup fordert ein Klimaschutzgesetz als ordnendes Rahmengesetz. Bei Beachtung der europäischen Vorgaben durch die Klimaschutzverordnung würden auch Maßnahmengesetze in den einzelnen Sektoren sowie verschiedene Artikelgesetze nötig. Ein verbindliches Klimaschutzgesetz sei sein Ziel, um den Rahmen für die notwendigen weiteren ca. 80 Gesetzesänderungen zu schaffen. Hemmnisse für mehr Klimaschutz sollen beseitigt werden und Anreize, wie die CO2-Bepreisung, geschaffen werden. Dies sei insbesondere für die nicht vom Emissionshandel erfassten Sektoren maßgeblich. Während Weisgerber auf Flexibilität statt Strafen für die Sektoren setzt, machte Klaus Mindrup klar, dass es für erfolgreichen Klimaschutz klare Verantwortlichkeiten brauche. Die Zeitachse für die SPD beim Klimaschutzgesetz sieht er bis zum Parteitag Ende dieses Jahres. Vorschläge für Klimaschutz im Gebäudesektor will die SPD selbst in diesem Frühjahr vorlegen.

Das Klimakabinett hält Dr. Anja Weisgerber für richtig, nennt Sektorkopplung als Gebot der Stunde, steht allerdings den bisher vorgesehenen sektorschärfen Jahresbudgets kritisch gegenüber. Um die Ziele von 2030 zu erreichen, seien jetzt Maßnahmen der einzelnen Ressorts umzusetzen, was auch Artikelgesetze beinhalte. Dabei seien auch die Umweltverbände gefragt, umsetzbare Inhalte heranzutragen, so die Unions-Politikerin.

Von den Mitgliedsorganisationen der Klima-Allianz Deutschland waren die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe Barbara Metz und der Leiter Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland Michael Schäfer vertreten.

Michael Schäfer vom WWF, der zudem Mitglied im Sprecher*innen-Rat der Klima-Allianz Deutschland ist, drückte seinen Unmut über ständige Verzögerungen aus: „Klimaschutz wird auf die längste Bank der Welt geschoben“. Das Interesse der Zivilgesellschaft und der Wähler*innen in Sachen Klimaschutz passe nicht zur Arbeitsverweigerung der Politiker*innen.

Barbara Metz monierte die fehlende Planungssicherheit und, dass Klimaschutz in der aktuellen Gebäude-Diskussion schlicht ignoriert wird. Das Klimakabinett betrachtet sie kritisch: „Warum sollte (Minister) Scheuer anders reagieren als bisher?“. Maßnahmen lägen bereits auf dem Tisch. Sie verwies auch auf konkrete Maßnahmen, die nicht zuletzt im Maßnahmenprogramm 2030 der Zivilgesellschaft bereits vorgelegt wurden. Im Verkehrsbereich werden bisher alle effektiven Maßnahmenvorschlage der DUH nicht berücksichtigt. Prominentes Beispiel ist die Hardware-Nachrüstung von Diesel-PKW.

Michael Schäfer merkte an, dass man die europäische Ebene nicht vergessen solle. Dort komme die Bundesregierung nicht voran – obwohl sie selbst stets an den internationalen Aspekt der Klimapolitik erinnere. Die Kernargumente des Klimaschutzes müssten wieder mehr in den Vordergrund gerückt werden – auch bei der anstehenden Europawahl. „Nichtstun ist die teuerste, unsozialste und unökonomischste Lösung, die es gibt“, so Schäfer.

Einen Ausblick zur gesetzlichen Umsetzbarkeit der vereinbarten Klimaschutzziele gab Prof. Dr. Hermann E. Ott von ClientEarth. Er betonte, dass die Politik schnell ein solides und ambitioniertes Klimaschutzgesetz schaffen müsse. Um den hohen Strafzahlungen aus dem Weg zu gehen, müsse es einen Finanzmechanismus bei Zielverfehlungen geben. Der Bedarf eines Rahmengesetzes stehe außer Frage. Zu den Klimaschutzaufgaben in 2019 gehöre aber auch das Kohleausstiegsgesetz. Eine weitere Verzögerung darf die Zivilgesellschaft der Politik nicht durchgehen lassen.

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Eindrücke vom #09 Berliner Klimagespräch