Zum neuen Barbie-Film gab es im vergangenen Jahr weltweit 273.279 Online-Artikel, zur humanitären Krise in Angola dagegen nur 1.049 Beiträge. Und das, obwohl Dürren, Überschwemmungen sowie Hunger in Angola im vergangenen Jahr dazu führten, dass mehr als sieben Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigten. Eine insgesamt traurige Bilanz, die dafür sorgt, dass Angola erneut auf Platz eins der zehn vergessenen humanitären Krisen liegt, die im vergangenen Jahr am wenigsten mediale Aufmerksamkeit bekamen. Bereits zum achten Mal veröffentlicht die internationale Hilfsorganisation CARE den Report „Breaking the Silence“, um auf diese vergessenen Krisen hinzuweisen.
„Die weltweite humanitäre Not war noch nie so groß wie 2023. Das spiegelte sich auch in den Inhalten der internationalen Berichterstattung wider. Es ist klar, dass neuere Ereignisse wie die Erdbeben in Syrien und der Türkei, der Ukraine-Krieg sowie der eskalierende Konflikt im Nahen Osten die Schlagzeilen dominierten. Viele Krisen in Afrika existieren seit langer Zeit, es gibt wenig Entwicklung oder Veränderung. Dementsprechend schwierig ist es, die Aufmerksamkeit für diese Kontexte aufrecht zu erhalten“, sagt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland. „Wir sehen aber auch, dass die personellen und finanziellen Ressourcen der Medien sinken, worunter vor allem die relativ teure Auslandsberichterstattung leidet.“
Alle zehn vergessenen Krisen finden in Afrika statt. Nach Angola folgt auf dem zweiten Platz Sambia, wo 1,35 Millionen Menschen von Hunger betroffen sind. Das Land leidet besonders unter den Folgen des Klimawandels. Ähnliches gilt auch für Platz drei der vergessenen Krisen: In Burundi kämpft die Bevölkerung regelmäßig gegen Überschwemmungen. Fast 70.000 Menschen wurden dadurch vertrieben. Unterernährung ist besonders bei Kindern ein großes Problem.
„Laut den Vereinten Nationen werden 2024 weltweit fast 300 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen – knapp die Hälfte davon in Afrika. Wir dürfen nicht vergessen, dass Hunger fast immer menschengemacht ist. Konflikte, ökonomische Schocks, Wetterextreme, Armut und Ungleichheit sind wesentliche Treiber. Um Leben zu retten, braucht es neben mehr Aufmerksamkeit eine ausreichende Finanzierung für humanitäre Hilfe. Im vergangenen Jahr wurden nur 35 Prozent der benötigten finanziellen Mittel für die Deckung der vorhandenen humanitären Bedarfe bereitgestellt, das ist definitiv zu wenig“, fügt Zentel hinzu.
Zehn humanitäre Krisen, die 2023 keine Schlagzeilen machten:
- Angola – 7,3 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe
- Sambia – 1,35 Millionen Menschen haben zu wenig zu essen
- Burundi – 5,6 Millionen Kinder leiden an chronischer Unterernährung
- Senegal – 1,4 Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit betroffen
- Mauretanien – Jeder vierte Mensch lebt in Armut
- Zentralafrikanische Republik – Sechsthöchste Kindersterblichkeit weltweit
- Kamerun – Jeder sechste Mensch braucht humanitäre Hilfe
- Burkina Faso – 8,8 Millionen Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze
- Uganda – Müttersterblichkeit liegt bei 284 je 100.000 Lebendgeburten
- Simbabwe – Knapp 8 Millionen Menschen von extremer Armut betroffen
Lesen Sie hier den Report „Breaking the Silence“
Methodik: Zum achten Mal in Folge untersuchte der internationale Medienbeobachtungsdienst Meltwater für CARE fünf Millionen Online-Artikel in den Sprachen Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 2023. Aus einer Liste von 48 humanitären Krisen, die mehr als eine Million Menschen betreffen, wurden jene zehn Krisen mit der geringsten medialen Präsenz ermittelt.