19.10.2023
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NGO-Recherche belegt: Kein Kohleausstieg in Sicht

Vier Wochen nach dem UN-Klimagipfel in New York haben urgewald und 40 NGO-Partner die "Global Coal Exit List" (GCEL) für 2023 veröffentlicht. Die GCEL bietet detaillierte Informationen über mehr als 1.400 Unternehmen, die entlang der Kohlewertschöpfungskette tätig sind, und ist die weltweit umfassendste öffentliche Datenbank über die Kohlebranche.

"Unsere Daten liefern ein düsteres Gesamtbild", sagt Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald. "Von den 1.433 Unternehmen auf der GCEL haben nur 71 Unternehmen Kohleausstiegsdaten gesetzt. Währenddessen entwickeln 577 Unternehmen immer noch neue Kohlekapazitäten. Ohne entschiedene Eingriffe von Regierungen, der Finanzindustrie und Regulierungsbehörden wird das Kapitel Kohle nicht geschlossen werden." Das Problem weitet sich aus Trotz der Schließung von Kohlekraftwerken in einigen Teilen der Welt ist der weltweite Kohlekraftwerkspark seit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens um 186 Gigawatt (GW) netto gewachsen. Das ist mehr als die in Betrieb befindlichen Kohlekraftwerke in Deutschland, Japan, Südkorea und Indonesien zusammengerechnet. Laut der NGO-Recherche planen Unternehmen immer noch die Entwicklung zusätzlicher 516 GW neuer Kohlekraftwerkskapazität. Wenn diese Projekte ans Netz kämen, würde die derzeit weltweit installierte Kohlekraftwerkskapazität um 25 % steigen. Zwei Drittel dieser neuen Kapazitäten sind in China geplant. Das Land hat seine Pläne für neue Kohlekraftwerke seit 2022 hochgefahren, als die Dürre die Wasserkraftproduktion verringerte und rekordverdächtige Hitzewellen die Stromnachfrage in die Höhe trieben. Es überrascht daher nicht, dass acht der zehn weltweit führenden Kohlekraftwerksentwickler staatliche chinesische Energiekonzerne sind. Überraschend ist jedoch, dass 96 US-Investoren, angeführt von BlackRock und Vanguard, 26 % der institutionellen Investitionen in diese chinesischen Kohleunternehmen auf sich vereinen. Mit 1,68 Milliarden US-Dollar ist BlackRock der weltweit größte institutionelle Investor in diese Unternehmen, während Vanguard mit 909 Millionen US-Dollar auf Platz 4 steht.

Ausbau des Kohlebergbaus

Mit über 7,2 Milliarden Tonnen erreichte die weltweite Förderung von Kraftwerkskohle im Jahr 2022 ein Allzeithoch.3 Der Ausblick macht wenig Hoffnung auf eine Kehrtwende: In 31 Ländern stehen neue Kohleminen in den Startlöchern. Insgesamt planen die auf der GCEL gelisteten Unternehmen neue Projekte zur Förderung von 2,5 Milliarden Tonnen Kraftwerkskohle pro Jahr, was mehr als 35 % der derzeitigen Weltproduktion entspricht. Im Mittelpunkt des Kohlebergbaubooms steht Indien, wo die Kohleproduktion im vergangenen Jahr mit 893 Millionen Tonnen bereits einen historischen Höchststand erreichte. Bis 2030 sollen es 1,5 Milliarden Tonnen pro Jahr werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Regierung seit 2020 92 neue Kohleabbaukonzessionen versteigert; Hunderte weitere sind in Vorbereitung. "Was hier versteigert wird, ist die traditionelle Heimat von Hunderttausenden indischen Stammesangehörigen sowie Waldgebiete, die unglaublich reich an Biodiversität sind und eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung des Wasserkreislaufs spielen. Es ist absurd, so zu tun, als ob diese immense Zerstörung im nationalen Interesse läge", sagt Joe Athialy, Direktor des Centre for Financial Accountability in Delhi. Die drei größten Kohleminenentwickler der Welt sind Coal India mit Projekten im Umfang von 591 Millionen Tonnen neuer Kohleproduktion pro Jahr, China Energy Investment mit 169 Millionen Tonnen und die Adani Group mit 94 Millionen Tonnen. Während die ersten beiden Unternehmen in Staatsbesitz sind, gehört die Adani Group dem Milliardär Gautam Adani, dessen Unternehmen immer wieder von seinen engen Beziehungen zur Modi-Regierung profitiert. Heute ist Adani der größte private Kohleminenentwickler der Welt. Das Konglomerat besitzt Kohleminen in drei Ländern, ist ein bedeutender Kohlehändler und -transporteur, betreibt einen 16- GW-Kohlekraftwerkspark (mit weiteren 10 GW in der Pipeline) und plant den Bau einer riesigen vier Milliarden US-Dollar teuren Kohle-zu-Plastik-Anlage in Indien. Obwohl eine der neun börsennotierten Tochtergesellschaften der Adani-Gruppe – Adani Green Energy – Solarprojekte entwickelt, werden die Investitionen der Gruppe in erneuerbare Energien von ihrem enormen Kohleportfolio in den Schatten gestellt. Wie grüne Investitionen die Kohleexpansion anheizten Bis Januar 2023, als der Leerverkäufer Hindenburg Research die Adani-Gruppe der "dreisten Aktienmanipulation und des Bilanzbetrugs" beschuldigte, konnte Adani  über grüne Anleihen problemlos Geld beschaffen und Adani-Tochtergesellschaften waren in Hunderten von ESG-Fonds zu finden. Selbst Anleger, die sich aufgrund der Kohleaktivitäten von anderen Teilen der Adani-Gruppe getrennt hatten, investierten gerne in Adani Green Energy. Der Hindenburg-Bericht und nachfolgende Untersuchungen deckten jedoch eine Vielzahl von Finanztransfers innerhalb der Gruppe auf, darunter auch Transaktionen zwischen Adani Green Energy und Adani-Töchtern, die am Kohleausbau beteiligt sind. Inzwischen haben Angaben der State Bank of India gezeigt, dass Aktien von Adani Green Energy und anderen Tochtergesellschaften der Gruppe als Kreditsicherheiten für Adanis riesige Carmichael-Kohlemine in Australien verwendet wurden. "Adani ist ein deutliches Beispiel dafür, warum verantwortungsbewusste Investoren alle Tochtergesellschaften von Kohleentwicklern abstoßen müssen. Es ist illusorisch zu glauben, dass Investitionen in den grünen Zweig eines Unternehmens nicht die anderen Aktivitäten quersubventionieren", sagt Heffa Schücking.

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Regine Richter

Kampagnen zu öffentlichen Banken

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