12.12.2023
News von Klima-Allianz

7 Jahre Engagement im Rheinland: Wir blicken auf klimabewegte Zeiten zurück

Am 7. November 2023 kamen mehr als 70 Mitstreiter*innen und Mitglieder der Klima-Allianz Deutschland aus der Region in der Alten Feuerwache in Köln zusammen, um das Projektende zu Kohleausstieg und nachhaltigem Strukturwandel in NRW zu würdigen und diskutieren. Nicht etwa, weil alles erledigt wäre. Die Herausforderungen wirken größer als zuvor, sowohl klima- und energiepolitisch als auch auch gesellschaftlich. Bezüglich eines früheren Kohleausstiegs hat die Bewegung einiges erreicht und kämpft weiter für Klimagerechtigkeit, schreibt Linus Platzer, Referent für Kohlepolitik und Strukturwandel NRW der Klima-Allianz Deutschland, in seinem Bericht zur Abschlussveranstaltung.

Wer holt die Kohle aus dem Feuer? Wie in vergangenen Jahren führte die Klima-Allianz Deutschland am 7. November die Zivilgesellschaft NRWs im Rheinland zusammen und schaffte den Raum für Kooperation, Kontroversen und konstruktives Nach-Vorne-Blicken. „Raus aus der Kohle, Rheinland for Future!“ war die Parole, unter der sich zahlreiche mehr als 70 Mitstreiter*innen und Mitglieder aus der Region trafen. Manche kannten sich seit Jahrzehnten Widerstand gegen die Braunkohle, manche begegneten sich an diesem vielfältigen Abend zum ersten Mal.

Der Abend bot mir die Gelegenheit, an die zahlreichen Fähigkeiten der Klimagerechtigkeitsbewegung zu errinnern. Die Menschen im Raum sollten sich ermutigt fühlen, sich als Schlüsselpersonen miteinander vertrauter zu machen und ihre Rolle als tatkräftige Übersetzer*innen für Klimapolitik und Gerechtigkeit zu nutzen.

Kathrin Schroeder, Sprecherin der Klima-Allianz Deutschland und Leiterin der Abteilung Politik und Globale Zukunftsfragen bei Misereor, reflektierte in ihrem Beitrag die vergangene Zeit seit dem Pariser Klimaabkommen 2015 und machte klar, wie verbunden die Bewegung um den Kohleausstieg im Rheinland mit dem Aktivismus und den Bemühungen um eine lebenswerte Zukunft weltweit waren.

Dr. Klaus Kordowski, Projektmanager der Stiftung Mercator, teilte seine Gedanken zum dynamischen und sinnstiftenden Engagement im Kohletransformationsland Nordrhein-Westfalen. Er berichtete davon, dass die Förderung der Zivilgesellschaft durch eine ehemalige Industriestiftung vor 2015 nicht selbstverständlich gewesen sei. Das Experiment habe sich aber doppelt und dreifach gelohnt und bewiesen, wie wichtig eine verlässliche Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen sind.

Die Geschäftsführende Vorständin der Klima-Allianz Deutschland, Dr. Christiane Averbeck, berichtete von den großen und kleinen Momenten, die in ihrer Vielfalt die Stärke der Bewegung unterstrichen. Miteinander zu diskutieren, zu streiten und konstruktiv-kritisch Forderungen an die verantwortliche Politik heranzutragen, sei heute wichtiger denn je. Sie dankte insbesondere aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter*innen, den Mitgliedern, und den aktivistisch Engagierten, die mit Herz und langem Atem entscheidende Erfolge für den Kohleausstieg errungen hatten.

Es folgte ein bildreicher Rückblick aus den vergangenen sieben Jahren unter musikalischer Begleitung der ReMember Climate Combo. Die eigens für den Abend geformte Band unter Leitung von Christoph Ebel begleitete den Abend mit Liedern aus der Bewegung und thematisch passenden Songs.

Dass die langjährige Vernetzung und das Zusammenkommen engagierter Menschen mit einer klaren Haltung für Klimagerechtigkeit relevant bleiben, zeigte auch der Kommentar von Pauline Brünger, Aktivistin bei Fridays for Future. Wie Viele politisiert durch den Hambi, schilderte sie die Bitterkeit, so oft gegen die Kohlelobby zu verlieren. Dennoch, und vielleicht noch wichtiger, wurde hier über Jahre ein Fundament aufgebaut, um für eine ernstzunehmende Klimapolitik und bessere Gestaltung der Region zu streiten. Was es laut Brünger aushaltbar mache, sei, nicht allein zu sein. Die richtig harten Brocken lägen jedoch noch in der Zukunft.

Jens Sannig, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Jülich, machte deutlich, dass es im Ringen um eine lebenswerte Zukunft und Bewahrung der Schöpfung die richtige Entscheidung war, sich als Kirche an die Seite einer wachsenden Bewegung zu stellen. Er legte aber auch dar, dass diese Bewegung tief vor Ort verwurzelt sei und ihre Anfänge bereits in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts habe. Die jetzige „Generation T“ (für Transformation) erbe nun gewaltige Aufgaben. Sie verdiene daher volle gesellschaftliche Unterstützung. So könne es nicht sein, dass nur die Älteren an den Hebeln der Macht säßen und jetzt in gewohnter Manier die gemeinschaftliche Zukunft verspielten.

Politikwissenschaftler und Aktivist Tadzio Müller ging in seinem Impulsvortrag auf die Bewegungskämpfe der vergangenen Jahre ein. Zwar räumte er dem Anti-Braunkohle-Widerstand gute Arbeit und eine große gesellschaftliche Wirkmacht ein, allerdings riet er im Angesicht der Klimakrise dazu, sich keine Illusionen zu machen und die unbequeme Wahrheit steigender globaler Temperaturen nicht weiter zu verdrängen. „Es braucht Hoffnung zum Kämpfen, aber diese Hoffnung darf nicht auf Bullshit basieren.“

In der anschließenden Podiumsdiskussion gaben Antje Grothus, Klimaaktivistin und grüne Landtagsabgeordnete, BUND-NRW-Geschäftsführer Dirk Jansen und Tadzio Müller unter Moderation von Tina Keller ihre Einschätzungen zu zurückliegenden Anstrengungen und kommenden Hürden ab. Persönliche und analytische Beiträge zeigten die Komplexität, Energie und Vielfalt der langjährigen Bündnisarbeit. Antje Grothus, ehemalige Mitarbeiterin der Klima-Allianz Deutschland, warb für Energie und Mitgestaltung, indem sie den ehemaligen tschechischen Präsidenten Vaclav Havel zitierte: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht.“ Mit weiteren Beiträgen aus dem Publikum entspann sich eine solidarische und kritische Diskussion, die noch lange nach offiziellem Abschluss des Abends im Lokal Alte Feuerwache fortgeführt wurde. Wir danken allen, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.

Wie die engagierte Zivilgesellschaft die Region mitgestalten können wird, verbleibt Handarbeit an der Zukunft. In der zweiten Phase des Strukturwandels trifft sie weiterhin auf die Blockadehaltung vieler Unbewegter, die zu eng mit der Kohleförderung verbunden sind. Vielerorts sind Impulse von unten für eine ökologischere und demokratischere Erneuerung vorhanden und brauchen nun tatkräftige lokale Umsetzung und politische Unterstützung. Letztendlich wird der Wandel getragen von klugen Ideen, engagierten Menschen und nachhaltiger Initiative vor Ort.

Es scheint dieser Tage oft so, als würden wir aus dem Modus der Krisen nicht mehr herauskommen. Doch Krise heißt nur, dass die Entscheidungen am Scheideweg nun offensichtlicher vor uns liegen.

Wir als Klima-Allianz Deutschland sind stolz darauf, diesen Weg so lange im Rheinland beschritten zu haben und wollen uns auch weiterhin entschieden für die sozial-ökologische Transformation einsetzen.

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