23.10.2017
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CDU-Abgeordnete blockieren Fortschritte bei Agrosprit-Politik

Oxfam fordert Ende der staatlichen Förderung von Agrokraftstoffen

Agrosprit aus Nahrungsmitteln führt zu Landkonflikten, verschärft Hunger und Armut im Globalen Süden und hat zudem eine miserable Klimabilanz. Die EU-Kommission will nun die staatliche Förderung konventioneller Agrokraftstoffe zurückfahren. Heute entscheidet der Umweltausschuss des Europaparlaments über die Vorlage. Doch einige CDU-Abgeordneten halten an der aktuellen Politik fest und wollen den geplanten Fortschritt verhindern. Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam kritisiert diese Blockadehaltung und fordert Ende der staatlichen Förderung von Agrokraftstoffen.

Gegenstand der Auseinandersetzung ist die Erneuerbare-Energie-Richtlinie, die bislang ein 10-Prozent-Ziel für den Einsatz von erneuerbaren Energien im Verkehr vorgibt. Bis zu sieben Prozent können durch Agrosprit aus Nahrungsmitteln beigesteuert werden – was unter anderem zu steigenden Preisen bei Grundnahrungsmitteln führt. Die EU-Kommission schlägt vor, diese Obergrenze bis 2030 auf 3,8 Prozent zu senken und damit die staatliche Förderung für Agrosprit herunterzufahren. Einige CDU/CSU-Abgeordnete des Europaparlaments, darunter Albert Deß, Norbert Lins und Werner Langen, widersetzen sich diesem Vorhaben. „Die Blockadehaltung der CDU-Politiker ist skandalös. Sie schützen die schmutzigen Geschäfte der Agroindustrie und nehmen mehr Treibhausgasemissionen, Landkonflikte und Hunger billigend in Kauf“, kritisiert Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale.

Falsche Anreizpolitik mit desaströsen Folgen

Problematisch ist Oxfam zufolge jedoch nicht nur, den zukünftigen Verbrauch von konventionellen Agrosprit bei sieben Prozent festzuschreiben, sondern dass die Richtlinie überhaupt eine Zielvorgabe für den Anteil Erneuerbarer Energien im Verkehrssektor macht. Denn dies hat den Ausbau von Agrosprit enorm vorangetrieben und Umwelt- und Entwicklungsprobleme dramatisch verschärft. Im Vorschlag der EU-Kommission ist eine solche Zielvorgabe nicht mehr enthalten. Einige CDU-Abgeordnete dagegen, darunter Albert Deß und Peter Liese, wollen daran festhalten und festschreiben, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien im Verkehrssektor bis 2030 sogar auf 15 Prozent steigen soll. „Das ist ignorant und rückwärtsgewandt. Die negativen Folgen der derzeitigen Agrosprit-Politik sind vielfach belegt. Die CDU-Abgeordneten dürfen davor nicht ihre Augen verschließen. Was wir brauchen ist ein Ende der staatlichen Förderung von Agrokraftstoffen“, so Wiggerthale.

Was fordert Oxfam?

  • Oxfam fordert die CDU-Abgeordneten auf, insbesondere den Koordinator Peter Liese, ihre problematischen Änderungsanträge zurückzuziehen und Vorschlägen zuzustimmen, die ein Ende der staatlichen Förderung von konventionellem Agrosprit vorsehen.
  • Nach 2020 darf es keine staatliche Förderung von Agrokraftstoffen mehr geben, die mit Nahrungsmitteln, Land und Wasser konkurrieren. Es sollte auch kein neues Ziel für Erneuerbare Energien im Transportbereich festgeschrieben werden.
  • Stattdessen sollten verbindliche Sozialkriterien für die Agrospritproduktion eingeführt werden, die die Ernährungssicherheit, den Zugang zu Land und Wasser, Menschenrechte und das Prinzip der freien, rechtzeitigen und informierten Zustimmung von betroffenen Gemeinden umfassen.
  • Anreize sollten nur für den Ausbau von fortschrittlichen Agrokraftstoffen gesetzt werden, die nachweislich sozial und ökologisch nachhaltig sind.

 

Hintergrund

  • Am 30. November 2016 hat die Europäische Kommission einen umfangreichen Gesetzesvorschlag zur Energiepolitik vorgelegt (sog. „Winterpaket“ oder „Clean Energie“ Paket). Sie umfasst auch eine erneute Überarbeitung der Erneuerbaren-Energie-Richtlinie (RED II). Das Ziel: den Einsatz konventioneller Agrokraftstoffe aus Nahrungsmitteln (1. Generation) stärker zu begrenzen und fortgeschrittene Agrokraftstoffe (2. und 3. Generation) auszubauen, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Sie schlägt bis 2030 eine Reduzierung des Anteils von konventionellen Agrokraftstoffen auf 3,8 Prozent am Gesamtenergieverbrauch im Verkehrssektor vor und einen Ausbau der fortschrittlichen Agrokraftstoffe auf 3,6 Prozent.
  • Heute entscheidet der Umweltausschuss und am 28. November 2017 der Industrieausschuss über die Eckdaten der Agrosprit-Reform. Danach entscheidet das Europaparlament und Europäische Rat, wahrscheinlich im Dezember 2017.
  • Ein Festhalten an der sieben Prozent Obergrenze im Vergleich zum 3,8 Prozent Szenario führt zu 190 Millionen Tonnen zusätzlichen Treibhausgasemissionen (Berechnung der EU-Kommission), weil Agrosprit über den gesamten Produktionszyklus oft eine negative Klimabilanz aufweist, etwa bei der Umwandlung von Land in Anbauflächen oder infolge des hohen Düngemitteleinsatzes.
  • Neuesten Schätzungen der Vereinten Nationen stieg die Zahl der Hungernden im Jahr 2016 auf 815 Millionen.

Die verheerenden Folgen der Biosprit-Förderung beschreibt die Oxfam-Untersuchung „Burning land, burning the climate“ vom Oktober 2016

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Jan Kowalzig

Referent für Klimawandel & Klimapolitik

Oxfam Deutschland e.V.

jkowalzig@oxfam.de

Telefon: 030/453 069 614